Nicht nur notwendiges Übel: Warum Qualitätsmanagementsysteme (QMS) unerlässlich sind, haben Sie in einem unserer letzten Blogartikel erfahren.
Sie stellen (im Optimalfall) eine Arbeitserleichterung und eine nützliche Handlungsgrundlage dar – und nicht etwa nur eine Aneinanderreihung von akribisch zusammengetragenen Dokumenten.
Doch wie funktioniert das nun genau, wirksame QMS entwickeln, die auch noch ISO 9001 zertifiziert werden können?
Der dickste Frosch, den Sie essen müssen, kommt direkt am Anfang.
Wenn Sie das geschafft haben, ist alles Folgende ein Kinderspiel.
Vorab das Wichtigste:
Vermeiden Sie es, Aufgaben in der Hierarchie zu Prozessen umzubenennen.
Das wird häufig getan, bringt jedoch nicht den Effekt, Optimierungspotenzial zu entdecken. Denn Aufgaben, die von einem Zuständigen bearbeitet werden, stellen nicht den gesamten Prozess entlang der Wertschöpfungskette dar.
Statt zur Optimierung führt dies zu Doppelarbeiten oder widersprüchlichen Tätigkeiten und vor allem, dass die Probleme an den Schnittstellen, wenn die Verantwortlichkeiten wechseln, nicht wahrgenommen werden.
Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß.
Und jetzt kann es losgehen.
Als erstes ermitteln Sie, wo der Prozess beginnt, was ihn auslöst und wo er zeitlich und inhaltlich endet.
Bei der Definition der Prozesse auf eine gewisse “Schludrigkeit” zu achten, ist essentiell. Wenn Sie nämlich sofort beginnen, einen Prozess in seine Einzelaktivitäten zu untergliedern, könnten Sie sich im Detail verlieren. So werden Prozessrisiken schlechter identifiziert und das macht alles viel Arbeit, nützt aber kaum jemanden.
Erst, wenn man die Ursachen von Problemen in einem Prozess nicht zweifelsfrei ermitteln kann, lohnt sich diese Detailarbeit.
Es ist also besser, die Definitionen allgemeiner zu halten, denn später untergliedern Sie diese sogenannten Hauptprozesse später noch in Teilprozesse.
Nun unterteilen Sie Ihre Prozesse in:
Für jeden Topf gibt es einen passenden Deckel. Und für jeden Prozess einen Prozessbetreuer.
Der Prozessbetreuer koordiniert den gesamten Prozess und sorgt für das reibungslose Zusammenspiel der einzelnen Aktivitäten.
Nur so kann der Prozess gesteuert und das erwartete Prozessergebnis erreicht werden.
Doch wie in jeder guten Beziehung schlummert auch hier Konfliktpotenzial.
Denn es ist nicht ungewöhnlich, dass verschiedene Verantwortungsbereiche in einem Prozess durchlaufen werden.
Wenn man keine Verantwortung bzw. keine Entscheidungs- und Weisungsrechte hat, ist ein Prozess schwer zu steuern.
Warum?
Es gibt hierarchische Organisationen mit Verantwortungsbereichen und Aufgaben und es gibt reine Prozessorganisationen. z.B. Automobilbau.
Die Norm schreibt die Betrachtung der Prozesse vor, weil es so besser gelingt, Doppelarbeit und Optimierungs- und Fehlerpotenzial zu erkennen.
In der Hierarchie schaut sich kaum einer die Schnittstellen an, an denen Aktivitäten innerhalb eines Prozesses den Verantwortungsbereich wechseln.
Doch auch die hierarchische Organisation hat Vorteile, z.B. die fachliche Spezialisierung zur Bearbeitung einzelner Aufgaben. Daher deckt ein Prozessbetreuer für einen sehr komplexen Prozess nicht das komplette Spezialwissen ab.
Deshalb sind Mischorganisationen oder hybride Organisationen sinnvoll. Die hierarchische Aufgabenverteilung bleibt bestehen, hinzu kommt die Sicht auf komplette Prozesse von ihrem Anfang bis zu ihrem Ende.
Es wird ein Prozessbetreuer (nicht Verantwortlicher!) ernannt, der das Prozessziel im Auge behält. Da so ein kompletter Prozess verschiedene Verantwortungsbereiche in der Hierarchie durchlaufen kann, ist es sinnvoll, einen Prozessbetreuer auszuwählen, der in der Hierarchie einen großen Teil des Prozesses verantwortet, sodass ein großer Teil des Gesamtprozesses in ihrem ursprünglichen Kompetenz- und Verantwortungsbereich der Linien- bzw. Funktionsorganisation liegt. Für einen Hauptprozess ist das jemand, der in der oberen Führungsebene angesiedelt ist; die Teilprozessbetreuer entsprechend darunter. So wir auch das Fachwissen sichergestellt.
Konfliktpotenzial ist dort vorzufinden, wo der Prozess den Verantwortungsbereich des Prozessbetreuers verlässt. Der Prozessbetreuer muss die Erreichung des Prozessergebnisses sicherstellen. Der jeweilige verantwortliche Abteilungsleiter hingegen hat Interesse daran, seine Aufgabe zu erledigen. Wenn an der Stelle ein Interessenkonflikt besteht und nicht durch sachliche Diskussionen beseitigt werden kann, müssen Eskalationsstufen vorhanden sein.
(Mediator bei Rosenkriegen? Kann funktionieren! Es ist üblicherweise der Unternehmensleiter.)
Wenn Sie alle Prozesse definiert haben, ist es zu empfehlen, eine Prozesslandkarte zu erstellen, in der alle Führungs-, Kern- und Unterstützungsprozesse benannt und nummeriert sind.
Geben Sie auch den Namen des Prozessbetreuers an.
Schonmal vorab: Diese Prozesslandkarte ist nicht in Stein gemeißelt.
Bei der Unterteilung und Beschreibung der Prozesse werden Sie neue Erkenntnisse gewinnen.
Denn auch für die Teilprozesse definieren Sie Prozessziele. Anhand dieser kann nun verifiziert werden, ob die Teilprozesse tatsächlich zum Hauptprozess gehören.
Wenn ja, präzisieren die Ziele der Teilprozesse das Ziel der Hauptprozesse. Wenn nicht, sollten Sie schauen, in welchen Hauptprozess dieser Teilprozess gehört.
Vielleicht merkt man an dieser Stelle, dass dieser Hauptprozess noch nicht definiert wurde.
Es könnten auch Prozesse zusammengefasst werden, oder vielleicht identifizieren Sie neue, bisher nicht berücksichtigte Prozesse.
Als nächstes steht das Definieren der Prozessziele an, also das Ergebnis, was der Prozess liefern soll.
Es gilt zu vermeiden, dabei Aktivitäten zu benennen.
Präzise, möglichst messbar formulierte Prozessziele ermöglichen die Erhebung wirklich sinnvoller Kennzahlen bzw. Indikatoren – ein Thema, dem wir bald einen eigenen Blogbeitrag widmen.
Was ist also ein gut formuliertes Prozessziel, das keine Aktivität beschreibt?
Nehmen wir als Beispielprozess die Instandhaltung.
Richtig formuliertes Prozessziel: keine ungeplanten Ausfälle.
Falsch formuliert, da sie eine Aktivität beschreibt: regelmäßige Durchführung der Maschinenwartung gemäß Wartungsplan.
Der Unterschied ist eindeutig.
Nun können Sie den Hauptprozess in Teilprozesse untergliedern, so sind besonders große Prozesse leichter steuerbar.
Auch für die Teilprozesse werden Prozessbetreuer ernannt und Ziele definiert.
Im nächsten Schritt bestimmen Sie die Wechselwirkungen
Diese Aufgabe ist besonders wichtig, um die Schnittstellen zu steuern. Genau an diesen Stellen, wo Zuständigkeiten wechseln, sitzt das größte Optimierungspotenzial.
Ein Versäumnis an dieser Stelle ist oft auch ein Grund, weshalb Digitalisierungsprojekte scheitern (Finden Sie interessant? Dazu gibt es von uns ein White Paper).
Kontrolle ist gut, Management ist besser.
Durch einen konsequenten Risikomanagementprozess lässt sich nicht nur die Illusion von Kontrolle und Beherrschbarkeit aufbrechen, Sie erkennen dadurch auch Chancen zur Prozessoptimierung.
Relevante Fragen dafür sind:
In unserem letzten Artikel über QMS haben wir bereits erwähnt, dass unsere Risikowahrnehmung durch unsere persönliche (nicht nur rosarote) Brille verzerrt und somit nicht objektiv ist.
Auch begrenztes (meist auch fachlich fokussiertes) Wissen führt zum Übersehen von kontextuellen Risiken.
Daneben gibt es zahlreiche weitere Verzerrungseffekte.
Interessant genug, um bald diesem Thema einen eigenen Blogbeitrag zu widmen.
Eine Prozessakte enthält alle Informationen zum Ablauf. Dabei ist der Aufbau für jeden Prozess identisch und die Akte wird fortlaufend ergänzt.
Nicht noch mehr Papierkram? Gewiss nicht, denn die Prozessakte ist eine Arbeitsgrundlage, mit deren Hilfe die Prozesse gesteuert werden.
Daher darf sie nur wichtige Informationen und kein bla, bla, bla enthalten.
Hier ist weniger mehr!
Der Kontext bestimmt die Bedeutung:
Was bringen diese Fragen und der Kontext für die Organisation?
Es ist eine durchaus sinnvolle Anforderung der Norm.
Denn z.B. können interessierte Parteien, wie Kunden, Gesetzgeber, Vereine oder Behörden, mein Unternehmensziel fördern, aber auch boykottieren. ich als Unternehmer sollte zumindest wissen, was sie von mir erwarten und ob sie mir nutzen oder schaden könnten.
Externe Themen sind z.B. die geopolitische Situation. “Ist es sinnvoll, in eine Werkserweiterung zu investieren?” und interne Themen wie z.B. die Altersstruktur der Mitarbeiter bilden die Grundlage für die richtige Strategie.
Leider behandeln viele Unternehmen diese Aufgabe stiefmütterlich – oft aus Zeitgründen. Sie wird halbherzig durchgeführt, weil die Norm das fordert.
Richtig gemacht legen Sie auf der Grundlage der Analyseergebnisse Maßnahmen fest. Dann schauen Sie, welcher Prozess für die Umsetzung dieser Maßnahmen verantwortlich ist.
Das ist der Einstieg von einer anderen Seite, um festzustellen, ob dieses Risiko in dem entsprechenden Prozess erfasst und behandelt wurde. Wenn nicht, ergänzen Sie dementsprechend.
Und weiter geht es mit der Fragerei:
Die Mitarbeiter wollen wissen, wohin die Reise geht und ob das Wertesystem des Unternehmens kompatibel mit den eigenen Werten ist.
Könnten Sie für eine Firma arbeiten, die Umweltsünden begeht oder Lieferanten aus der Dritten Welt haben, die Kinder für sich arbeiten lassen?
(Lesen Sie dazu gerne unseren Beitrag zur Unternehmenskultur).
Entwicklungen sind nur dann möglich, wenn klare Ziele aufzeigen, in welche Richtung es geht.
Die Prozessziele haben Sie schon festgelegt, nun geht es an die strategischen Ziele.
Das sind langfristige Ziele, die als Meilensteine der einzelnen Etappen um den Kurs des Unternehmens dienen, d.h. die Wirksamkeit der Strategie überprüfen .
Weitere strategische Ziele können sich aus den Wünschen und Bedürfnissen der Anspruchsgruppen ergeben.
Nehmen wir als Beispiel ein Unternehmen in der Milchproduktion mit Sitz in einer Kommune, die kein Geld mehr hat, um ein beheiztes Schwimmbad zu betreiben. Der Schwimmunterricht für die Kinder fällt daher aus.
Das Unternehmen erzeugt Prozesswärme, die aufwändig abgeführt werden muss. Daher könnte es entsprechende Systeme bauen, die die Abwärme in das Schwimmbad führen. Gleichzeitig entschließt es sich, ein Energiemanagementsystem nach ISO 5001 zu entwickeln, um einen Beitrag zur Erreichung der Energieziele zu leisten. Der nette Nebeneffekt dabei: für diese Maßnahme erhält das Unternehmen Subventionen. Eine klassische Win-Win-Situation.
Bei einem zertifizierten QMS, bei dem es im jährlichen Rhythmus Überwachungs- bzw. Rezertifizierungsaudits gibt, ist es sinnvoll, jährliche Unternehmensziele festzulegen.
Die Umsetzung dieser Ziele sollte in Einzelzielen, also in operativen Zielen und Maßnahmen, verfolgt werden.
Nun gilt es herauszufinden, welche Anforderungen die dokumentierten Informationen erfüllen müssen:
Wenn interne Audits richtig durchgeführt sind, stellen sie ein wichtiges Instrument dar, um Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und wirksame Korrekturmaßnahmen umzusetzen.
Sie helfen jedoch auch, die kleinen Stellschrauben zu identifizieren, die die Prozess- und Unternehmensleistung verbessern.
Was Sie benötigen ist ein Auditprogramm. Das ist ein Konzept, das alle Anforderungen und Maßnahmen zur internen Auditierung festlegt.
Achtung: Das ist nicht zu verwechseln mit einem Auditplan!
Denn im Auditplan steht, welches Audit mit welchen Schwerpunkte durchgeführt wird. Das Auditprogramm hingegen ist ein Konzept, das z.B. die Kriterien für die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung und die Anforderungen an die internen Auditoren festlegt.
Leider wird die Normanforderung häufig missverstanden und führt zu Abweichungen im Zertifizierungsaudit.
Hier geht es darum, ein Konzept zur Managementbewertung zu erstellen.
Dieses Konzept muss sicherstellen, dass die gemäß Norm geforderten Eingaben und Ergebnisse in der Managementbewertung vorhanden sind und nachgewiesen werden können – also Zahlen, Daten und Fakten.
Beispiele für Eingaben sind z.B. Status der Maßnahmen/Ziele aus der letzten Managementbewertung, Veränderungen bei internen/externen Themen, Nichtkonformitäten/Vorfälle, Bewertung der Angemessenheit der Ressourcen, Ergebnisse aus Überwachung/Messung, Auditergebnisse, Compliancebewertung, Verbesserungspotenzial und, und, und…
Hier sind Beispiele für Ergebnisse: Schlussfolgerung zur fortdauernden Eignung des QMS, Maßnahmen zum fortlaufenden Verbesserungsprozess, Änderungsbedarf, Maßnahmen bei Nichterreichung von Zielen und ggf. Strategieanpassung.
So wird im Ergebnis die Leistungsfähigkeit des QMS bewertet.
Auf dieser Grundlage legen Unternehmen Maßnahmen zur Korrektur bzw. Verbesserung fest.
Um die Anforderungen der Zertifizierungsorganisationen zu erfüllen, erstellt in den meisten Organisationen ein Verantwortlicher einen zusammenfassenden Bericht, der alle in der Norm genannten Eingaben und Ergebnisse enthält. (Zwischeninfo am Rande: Früher war das der Qualitätsmanagementbeauftragte, der nach der Normrevision nicht mehr zwingend erforderlich ist.)
Dieser Bericht wird dann von der obersten Leitung „bewertet“ und unterzeichnet.
Je nach Größe des Unternehmens kann der Bericht schon mal 80 Seiten und mehr beinhalten. Da macht sich leicht Unsicherheit breit.
“Liest die Geschäftsleitung den Bericht tatsächlich?“
“Bildet er eine Handlungsgrundlage?“
Eine engagierte und erfolgreiche Geschäftsführung jedoch richtet seine Handlungen nicht auf eine einmal jährlich durchgeführte Bewertung aus.
Da können schon wichtige Signale der internen und externen Themen verpasst worden sein!
Deshalb sind regelmäßiges Monitoring und die Berücksichtigung von Frühwarnindikatoren unabdinglich.
Am besten wählen Sie eine Ihnen sympathische, akkreditierte Zertifizierungsorganisation aus.
Wenn Sie den Vertrag unterzeichnet haben, führen Sie das Zertifizierungsaudit mit Erfolg durch.
Sobald Sie das Zertifikat erhalten haben, können Sie es stolz auf Ihrer Webseite veröffentlichen; in Ihrem Briefkopf platzieren…
Und vergessen Sie nicht, den Erfolg mit Ihren Mitarbeitern zu feiern 🙂
Vielleicht wundern Sie sich jetzt, dass wir in diesem Ablauf nur einige Anforderungen der Norm definiert haben?
Herzlichen Glückwunsch, Sie haben sich intensiv mit den Anforderungen der ISO 9001 beschäftigt!
Alle anderen nicht genannten Anforderungen, wie z.B. die im
Kapitel 7 “Unterstützung” und im Kapitel 8 “Betrieb” festgelegten Anforderungen, behandeln Sie im Rahmen der Risikoanalyse und der Festlegung der Risikobewältigungsstrategie in den einzelnen Prozessen.
Konkret handelt es sich um die Anforderungen aus Kapitel 7 bei den Unterstützungsprozessen und die aus Kapitel 8 bei den Kernprozessen.
Da gehören sie nämlich hin und helfen dem Prozessbetreuer, seinen Prozess zu steuern und zu überwachen.
Es hatte also alles seine Richtigkeit 😉
Haben Sie noch Fragen zu unserem Howto? Dann schreiben Sie uns gerne eine E-Mail: info@unternehmer-gps.com
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